Schnelles Internet ist heute Gebäudestandard. In der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist der Glasfaserausbau eine bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum – und damit Beschluss-Sache. Die Hausverwaltung bereitet vor und koordiniert, die Eigentümerversammlung entscheidet. Ziel ist eine saubere, brandschutzkonforme FTTH-Lösung (Fiber to the Home), die Optik, Sicherheit und Werterhalt vereint.
Weiterführend: Was ist Gemeinschaftseigentum?, Eigentümerversammlung – Praxisleitfaden, TKG-Novelle – Überblick, Glasfaser vs. Kupfer
Die rechtliche Lage beim Glasfaser-Ausbau: Was darf die Hausverwaltung, was entscheidet die WEG?
1. Was ist Gemeinschaftseigentum?
Gemeinschaftseigentum umfasst alle Gebäudeteile und Anlagen, die für den Bestand und die Sicherheit des Gebäudes erforderlich sind – dazu zählen insbesondere Fassade, Dach, Treppenhaus, tragende Wände, Außenanlagen und zentrale Versorgungsleitungen.
Glasfaserleitungen, die durchs Treppenhaus oder durch Wände geführt werden, betreffen somit das Gemeinschaftseigentum.
Weiterführend: Gemeinschaftseigentum – Definition, Rechte & Verwaltung
2. Was gilt als bauliche Veränderung nach § 20 WEG?
Nach § 20 WEG gilt jede Maßnahme als bauliche Veränderung, die über die Instandhaltung oder Instandsetzung hinausgeht und das äußere Erscheinungsbild oder die Substanz des Gemeinschaftseigentums verändert. Typische Eingriffe beim Glasfaserausbau: Aufputz-Leitungen im Treppenhaus, Wanddurchbrüche, Verteilerkästen. Für solche Maßnahmen braucht es einen Mehrheitsbeschluss der Gemeinschaft.
3. Wie ist das Verfahren?
- Antragstellung: Die Verwaltung oder ein Eigentümer stellt einen Antrag auf bauliche Veränderung.
- Informationspflicht: Die Verwaltung muss alle Eigentümer umfassend und transparent über die geplanten Maßnahmen informieren (inkl. Pläne und technischer Details).
- Beschlussfassung: Über die bauliche Veränderung entscheidet ausschließlich die Eigentümergemeinschaft durch Mehrheitsbeschluss (§ 20 Abs. 1 WEG).
- Umsetzung: Erst nach positivem Beschluss starten Planung, Bau und Abnahme mit Dokumentation.
Weiterführend: Eigentümerversammlung – Praxisleitfaden
4. Was passiert, wenn die Verwaltung eigenmächtig handelt?
Sollte die Hausverwaltung dem Druck von Anbietern oder einzelnen Eigentümern nachgeben und ohne ordnungsgemäßen Beschluss bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum genehmigen, drohen erhebliche rechtliche Konsequenzen:
- Anfechtung: Jeder Eigentümer kann solche Maßnahmen rechtlich anfechten.
- Rückbau: Unzulässig durchgeführte Maßnahmen müssen auf Kosten der Gemeinschaft oder des Verursachers zurückgebaut werden.
- Haftung: Die Verwaltung macht sich schadensersatzpflichtig, wenn sie ohne Beschluss handelt.
- Vertrauensverlust: Es entsteht Unsicherheit und Streit innerhalb der WEG.
Eigenmächtige Eingriffe ins Gemeinschaftseigentum sind anfechtbar, können Rückbau nach sich ziehen und Haftungsrisiken für die Verwaltung begründen. Halten Sie das Verfahren strikt ein – das schützt Rechtssicherheit und Gemeinschaft.
Hilfreich bei Konflikten: Hausverwaltung macht keine Eigentümerversammlung · Was tun, wenn die Hausverwaltung nicht reagiert? · Hausverwaltung kündigen
5. Wenn die Gemeinschaft blockiert: Beschlussersetzung
Bleibt die WEG trotz Anspruch untätig, können Antragsteller eine Beschlussersetzungsklage prüfen. Gerichte können den notwendigen Beschluss ersetzen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Dieser Weg ist das rechtliche Auffangnetz, ersetzt aber nicht die saubere Vorbereitung.
Was in einen Beschluss zum Glasfaser-Ausbau gehört (und oft fehlt)
Ein starker, konkreter Beschluss verhindert Streit, Nachträge und optische Missstände. Diese Punkte sollten klar geregelt sein.
1. Qualitätsstandard & Ausbauziel
Ziel ist FTTH (Faser bis in die Wohnung), nicht nur FTTB (Faser bis ins Gebäude). FTTH ist zukunftsfähig, ermöglicht hohe symmetrische Bandbreiten und vermeidet spätere Doppelarbeiten.
Beschlusspunkte: Ausbauziel FTTH, Etagenverteiler, Trassenführung (Steigzonen/Treppenhaus-Decke), ONT/Abschlussdosen je Einheit.
2. Brandschutz & Sicherheit
Leitungsführung im Treppenhaus berührt Fluchtwege. Materialien (z. B. halogenarm), Feuerabschottungen und Prüfzeugnisse sind festzuhalten.
Beschlusspunkte: Materialvorgaben, Abschottungsprinzip, Positionen von Verteilern, Dokumentationspflicht (Fotodoku, Prüfberichte).
3. Gestaltung & Optik
Unsaubere Aufputz-Lösungen mindern den Wert und Eindruck des Hauses.
Beschlusspunkte: geschlossene Kabelkanäle, Farbe/Design, keine offenen Kabelschlaufen, verdeckte Führung wo möglich, Musterfotos als Beschlussanlage.
4. Betreiber- & Vertragsrahmen
Gestattungs-/Nutzungsvertrag regelt Zugang, Haftung, Entstörung, Rückbau. Open-Access-fähige Lösungen erleichtern Anbieterwechsel.
Beschlusspunkte: Vertragsmuster, SLA/Entstörfristen, Haftung, Rückbaupflicht, Zugang zu Technikräumen.
5. Kosten & Verteilung
Klar regeln, wer was trägt: privilegierte Einzelmaßnahme (i. d. R. Antragsteller) vs. gemeinschaftlicher Ausbau (mögliche Umlegung auf alle). Ohne explizite Regel greift oft der MEA-Schlüssel.
Beschlusspunkte: Kostenart (Einmal/Betrieb), Verteilung, Reserve-/Wirtschaftsplan-Bezug, Abnahme-/Gewährleistungseinbehalte.
Weiterführend: WEG-Finanzverwaltung, Jahresabrechnung in der WEG, Abrechnungsspitze erklärt
6. Bau- & Abnahmeprozess
Ohne geregelte Abnahme bleiben Mängel an der Gemeinschaft hängen.
Beschlusspunkte: Bauzeitenplan, Zugang, Staub-/Lärmschutz, Abnahmeprotokoll inkl. Fotodoku, Mängelbeseitigungsfristen, Schlussrechnung erst nach formeller Abnahme.
Praxisnah: Tiefgaragensanierung – Projektsteuerung LPE (übertragbare Prinzipien für Technik-Projekte)
Wie sieht ein fachlich korrekter Glasfaserausbau aus?
Eine gute Planung verbindet Technik, Brandschutz, Optik und Bewohner-Kommunikation. So ist der Ablauf aufgebaut:
Vom Netz zum Haus: POP → Hauseinführung → APL
- POP (Point of Presence): Zentrale Verteilerstation, von dort Glasfaser bis in die Straße.
- Letzte Meile: Die Glasfaser wird in Deutschland immer unterirdisch (terrestrisch) verlegt, meist per Trenching-Verfahren – das schützt vor Frost und ist langlebig.
- Hausanschluss (APL): Der Übergabepunkt liegt in der Regel im Keller. Hier muss die Bohrung durch die Fassade sauber und fachgerecht geplant werden, um Feuchtigkeitsschäden zu vermeiden.
Die eigentliche Herausforderung: FTTH vom Keller in die Wohnungen
Echte Glasfaserqualität gibt es nur bei FTTH („Fiber to the Home“), also wenn die Leitung bis zum Glasfasermodem (ONT) in der Wohnung geführt wird. Das physikalische Element Glasfaser (LWL) kann deutlich mehr Daten übertragen als Kupfer. Daher reicht es nicht, die Faser nur bis zum APL zu legen.
Varianten der Leitungsführung
- Leerrohre: Falls beim Bau bereits Leerrohre vorgesehen wurden (z. B. für TV oder Telefon), kann die Glasfaser darüber bis in die Wohnung gezogen werden. Das ist bei modernen Bauten häufiger der Fall, aber bei älteren Gebäuden ohne LWL-Vorsorge eher selten. In etwa 2 von 3 Fällen kann diese Variante genutzt werden.
- Aufputz-Leitung: Wo keine Leerrohre vorhanden sind, werden kleine, dezente Leerrohre (oft weiß) unterhalb der Decke im Treppenhaus aufputz verlegt und von dort in die Wohnungen geführt.
In der Wohnung: Abschlussdose, ONT & Router
Die Faser endet an einer Abschlussdose, daran das ONT. Ab dort geht es per LAN-Kabel zum Router. Positionierung so wählen, dass WLAN-Abdeckung und Stromversorgung passen.
Schlechte Beispiele Glasfaserausbau einer WEG – und wie Sie sie vermeiden
1. Billige, unsaubere Aufputz-Leitungen
Kabel werden einfach über Putz an der Wand entlanggeführt, oft mit sichtbaren, groben Kabelschellen. Das wirkt unästhetisch, kann zu Stolperfallen führen und beschädigt bei zu engen Radien die Faser. Unsachgemäße Aufputzverlegung mit sichtbaren Kabelschlaufen signalisiert Provisorium und fällt spätestens bei der nächsten Begehung negativ auf.
Einordnung: Optik, Verkehrssicherheit und Funktion leiden – und damit auch der Eindruck des Hauses sowie der Werterhalt.
2. Schlechte Verkleidungen
Kabel werden mit improvisierten Kunststoffkanälen oder sogar Klebeband notdürftig „versteckt“. Das mindert den Wert der Immobilie und kann zu Problemen bei der Brandschutzprüfung führen (fehlende Produkt-/Brandklassen-Nachweise).
Einordnung: Uneinheitliche Lösungen ohne System erschweren Wartung und erhöhen das Risiko von Nacharbeiten.
3. Ungeklärte Bohrungen
Durch unsachgemäße Bohrungen in die Fassade oder Geschossdecken kann Feuchtigkeit eindringen – ein typischer Bauschaden mit teuren Folgekosten. Fehlende oder falsche Abschottungen gefährden zudem den Brandschutz.
Einordnung: Abdichtung und Abschottung sind sicherheitsrelevant; Versäumnisse schlagen direkt auf Haftung und Gewährleistung durch.
Typische Fehler beim Glasfaserausbau vermeiden – klare Vorgaben statt teurer Nachbesserungen
Einheitliches Trassen- und Kanalkonzept festlegen
Definieren Sie in der Beschlussanlage ein durchgängiges Verlegekonzept – inklusive Musterfotos und Skizzen. Regeln Sie Verlegehöhe (idealerweise deckennah), Mindest-Biegeradien, verdeckte Führung sowie den Standard „keine sichtbaren Kabelschlaufen“. Legen Sie Position, Größe und Beschriftung der Etagenverteiler fest. So wird Optik messbar und nicht zur Auslegungssache.
Brandschutz verbindlich regeln
Beschließen Sie Materialanforderungen (z. B. halogenarm/LSZH), das Abschottungssystem für Durchdringungen und die Führung in Fluchtwegen. Verlangen Sie Prüfzeugnisse vor Baubeginn und koppeln Sie die Abnahme an deren Vorlage. Das schafft Rechtssicherheit und besteht Prüfungen.
Bauleitung und Qualitätssicherung benennen
Bestimmen Sie eine verantwortliche Instanz (Verwaltung oder externer Fachplaner) für Kontrolle und Dokumentation. Meilensteine wie Vorabmuster, Rohinstallation und Endmontage werden abgenommen. Das reduziert Fehler, Nachträge und Diskussionen im Betrieb.
Abnahme nur mit Fotodokumentation und Checkliste
Führen Sie eine formelle Abnahme mit Protokoll, As-built-Plänen und Fotos aller Durchdringungen, Kanäle, Verteiler und Beschriftungen durch. Regeln Sie klar: keine Schlusszahlung ohne Abnahme. So sichern Sie Gewährleistung und Durchsetzungskraft.
Bewohnerkommunikation frühzeitig planen
Informieren Sie rechtzeitig über Wegeführung, Bohrzeiten, Terminfenster und Ansprechpartner. Gute Kommunikation verhindert Hektik vor Ort – der häufigste Auslöser für unsaubere Provisorien.
Vertiefung: Sanierung in der WEG – Grundlagen, Teilungserklärung – Herzstück der WEG
Die Vorteile des Glasfaserausbaus in der WEG – warum das jetzt wichtig ist
Ein sauber geplanter FTTH-Ausbau ist heute kein Nice-to-have, sondern ein harter Standortfaktor. Gebäude mit verlässlicher, leistungsfähiger Netzinfrastruktur sind leichter zu vermieten und erzielen stabilere Mieten. Fehlende Konnektivität verlängert Leerstände, schreckt Homeoffice-Zielgruppen ab und wirkt sich direkt auf die Marktposition aus.
Gleichzeitig ist FTTH die technische Basis für die nächsten Jahre: Hohe, stabile Bandbreiten reduzieren Störungen im Alltag und schaffen Reserven für Streaming, Cloud-Backups und Smart-Home-Anwendungen. Mit einem klar geregelten Gestattungsvertrag sichern Sie zudem Servicequalität – definierte SLAs, transparente Entstörfristen und, wo möglich, Anbieterwahl (Open Access) senken das Konfliktpotenzial im Betrieb. Nicht zuletzt zahlt ein einheitliches Trassen- und Kanalbild auf Optik und Brandschutz ein: Geschlossene Kanäle, dokumentierte Abschottungen und klare Beschriftungen bestehen Prüfungen und erhalten den Eindruck im Treppenhaus.
Wer den Glasfaserausbau sauber strukturiert, profitiert also doppelt: wirtschaftlich durch bessere Vermarktbarkeit – und technisch durch zukunftsfähige Infrastruktur. Parallelen kennen Sie von anderen privilegierten Modernisierungen wie Einbruchschutz in der WEG und Wallboxen in der WEG: Der entscheidende Unterschied liegt in klaren Beschlüssen, guter Baukoordination und verlässlicher Qualitätssicherung.
Als LPE Immobilien und Hausverwaltung in München begleiten wir Ihre WEG genau an diesen Punkten. Unser Ansatz als 360° Immobilien Consultant verbindet handwerklichen und kaufmännischen Sachverstand mit gelebter Dienstleister-Einstellung: von der Bedarfsklärung über Beschlussvorbereitung und Anbieterauswahl bis zur Bauleitung, Abnahme und vollständigen Dokumentation. Persönlich, verlässlich und mit dem Anspruch, neue Maßstäbe zu setzen – für eine FTTH-Lösung, die technisch überzeugt, optisch ins Haus passt und rechtssicher betrieben werden kann.
Weiterführend und zur Zusammenarbeit: WEG-Verwaltung, Referenzen, Kontakt
FAQ: Glasfaser in der WEG – die wichtigsten Fragen
Brauchen wir für den Glasfaserausbau immer einen Beschluss?
Ja. Auch bei privilegierten Maßnahmen gilt: Das Ob kann als Anspruch bestehen, das Wie (Ausführung, Trassen, Brandschutz, Kosten) muss die Gemeinschaft beschließen.
Können einzelne Eigentümer FTTH nur für ihre Wohnung verlangen?
Ja, das ist als privilegierte Maßnahme grundsätzlich möglich. Regelmäßig trägt der Antragsteller die Kosten. Wird die Maßnahme als Gemeinschaftsprojekt umgesetzt, kann eine Umlegung auf alle beschlossen werden.
Wer trägt die Kosten – und wann zahlen alle?
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Einzel-Gestattung (privilegiert): Kosten i. d. R. beim Antragsteller.
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Gemeinschaftlicher Ausbau: Mit qualifizierter Mehrheit kann eine Kostenumlage auf alle erfolgen; ohne ausdrückliche Regelung greift häufig der MEA-Schlüssel.
Was ist der Unterschied zwischen FTTB und FTTH?
FTTB endet im Gebäude (Steigzonen bleiben Kupfer/Koax). FTTH führt die Faser bis in die Wohnung (ONT) – technisch überlegen, stabil und zukunftsfähig.
Was, wenn die WEG nicht beschließt?
Bei bestehendem Anspruch kommt eine Beschlussersetzung durch das Gericht in Betracht. Das ersetzt die Versammlung nicht, bietet aber einen Rechtsweg, wenn die Gemeinschaft blockiert.